Warum die Aussagen der Pro-DOC-Werbekampagne Quatsch sind

Seit Freitag, den 11. August, ist die Internetseite einstueckduisburg.de der Krieger Grundstück GmbH online, um für das Vorhaben des sogenannten „Design-Outlet-Centers“ zu werben. Gerne möchten wir, die Initiative „Ja zu Duisburg“ zu den Aussagen auf der Internetseite Stellung nehmen und einige Punkte kommentieren und richtig stellen.

Begrüßt werden die Seitenbesucher der Werbekampagne mit dem Wortlaut: „NEIN! Sagen. Zu Stillstand und Vorurteilen.“ Weiter im Text auf der Seite heißt es: „ (…) Dieses Areal kann wieder ein lebendiges Stück Stadt werden – oder Brachland bleiben. Sie haben die Wahl.“ Wir finden diese Aussagen höchst fragwürdig und bedrohlich. Der Investor gaukelt eine Alternativlosigkeit vor und setzt den Duisburger Bürger unter Druck, mit seiner Entscheidung für Stillstand zu sorgen.

„Dabei ist es der Grundstückseigentümer selbst, der diesen Stillstand androht, sollten die Duisburger mit „JA“ gegen das DOC abstimmen“, so Lars Hoffmann, Inhaber des CityElectronicers und Unterstützer der Initiative. Auffällig bei der ganzen Seite – an keiner Stelle wird dem Bürger Raum für eine öffentliche Diskussion geboten. „Wir dürfen uns von dieser Drohung mit Stillstand nicht blenden lassen“, führt Hoffmann aus.

Es werden Behauptungen aufgestellt, zu denen wir gerne im folgenden Stellung beziehen möchten.

 

Quelle der folgenden zitierten Aussagen ist die Werbeseite des Grundstückseigentümers http://www.einstueckduisburg.de/ (Stand 21. Aug. 2017)

 

„Was wird im Rahmen des Bürgerentscheids konkret geregelt?

Mit einem NEIN! beim Bürgerentscheid wird der Weg für ein Planungsverfahren geebnet. Das Planungsverfahren gibt den Bürgern die Möglichkeit, sich aktiv in die weitere Entwicklung einzubringen.“

 

Wir sagen: Die Möglichkeit der Bürger, sich im Planverfahren einzubringen sind beschränkt. Sie sind nur ein kleiner Baustein im gesamten Prozess. Viele Gutachten und Stellungnahmen von öffentlichen Institutionen und Verbänden werden mit ihm zusammen in die Waagschale geworfen. Es hat in Duisburg noch keine Bürgerbeteiligung gegeben, die ein Vorhaben zum Scheitern gebracht hätte. Im Übrigen wird nur die Ansiedlung eines Outlet Centers geprüft und keine anderen Möglichkeiten.

 

Entscheidet der Eigentümer allein, wie das Gelände gestaltet wird?

NEIN! Die Bürger können im Bebauungsplanverfahren für die Nordfläche (DOC Grundstück) ihre Anregungen einbringen. Die Entwicklung der Südfläche können die Bürger aktiv mitgestalten. Im Übrigen entscheidet nicht der Investor, sondern die Stadt Duisburg über die Nutzung.“

 

Wir sagen: Es ist richtig, dass die Stadt Duisburg über die Nutzung des gesamten Geländes entscheidet. Über das Angebot zur Gestaltung der Südfläche gaukelt der Investor Mitsprache der Bevölkerung vor. Fraglich ist, wer die Entwicklung der Südfläche danach finanziert. Möchte sich der Investor damit vielleicht seine Genehmigung für das Outlet erkaufen?

 

„An gleicher Stelle wurde bereits das „Multi Casa“ gestoppt. Läuft das mit dem DOC auch wieder so?

NEIN! Denn hinter dem DOC steht die finanzstarke Firma Neinver, die seit fast 50 Jahren erfolgreich Outlets in ganz Europa betreibt. Schon jetzt erhält das Unternehmen von großen Marken Anfragen für Shops in Duisburg. Die Krieger Grundstück GmbH ist die Eigentümerin des Grundstückes.“

 

Wir sagen: Auch hinter Multi Casa stand ein finanzstarkes Unternehmen, das in Deutschland seit Jahrzehnten Einkaufszentren baut. Die Politik hat sich aber vor mehr als 10 Jahren mehrheitlich gegen Multi Casa entschieden, um die Innenstadt zu stärken und dort ein Einkaufszentrum – das Forum – möglich gemacht, das zur Belebung der City entscheidend beiträgt. Die Krieger Grundstück GmbH wird Miete erhalten, das allerdings erst nach möglicherweise mehr als 10 Jahren, wenn das Outlet eröffnet ist.

 

„Machen die neuen Geschäfte nicht die Shops in der Innenstadt kaputt?

Nein! Das Gegenteil ist der Fall. Das Outlet mit seinem großen Einzugsgebiet zieht hunderttausende Kunden an, die sonst nicht nach Duisburg kommen würden. Das belegen unabhängige Studien und Erfahrungen aus anderen Outlet-Ansiedlungen:[…]“

 

Wir sagen: Die Besucher kommen wenn nur wegen des Outlets und dem Versprechen nach billiger Markenware. Das hier von den Befürwortern angegebene Beispiel bezieht sich auf Neumünster. Andere Beispiele geben zu bedenken: In der Stadt Zweibrücken hat das DOC zu enormen Umsatzeinbußen im innerstädtischen Handel geführt – stark bemerkbar macht sich das in Zweibrücken im Segment der Sportbekleidung. Selbst der Handel in Roermond – so ein Bericht in der niederländischen Tageszeitung Telegraaf – profitiert nicht von den Outletbesuchern. Und das, obwohl auch hier aus Umfragen hervorgeht, dass rund 20 Prozent nach dem Outletbesuch die Roermonder Innenstadt besuchen. Outletsortimente und Marken, die im DOC verkauft werden, werden auf Dauer von den Ladentheken des innerstädtischen Handels verschwinden, da dieser mit dem unfairen Preiswettbewerb nicht mithalten kann. Dies führt innerstädtisch zu Umsatzeinbußen, Sortimentsverkleinerungen und letztlich auch zu Schließungen. Zudem werden einige Filialisten ins Outletcenter ziehen, was innerstädtisch weitere Leerstände nach sich zieht.

 

„Ist das Outlet nicht zu weit von der City entfernt, um neue Kunden dorthin zu bringen?

Nein! Vom DOC zum Eingang der Königstraße ist es nur ein kurzer Fußweg. Und dieser führt entlang der Mercatorstraße, an der viele neue Geschäfte derzeit schon bestehen und weitere entstehen. Ein Boulevard, der durch den Bau einer barrierefreien Verbindung für Fußgänger und Radfahrer komplettiert wird. So setzt das DOC wertvolle Impulse für die Stadtentwicklung und bindet das Gelände an die Innenstadt an.“

 

Wir sagen: Richtig, der Fußweg vom nördlichsten Punkt bis zum Eingang der Königstraße beträgt rund 600m. Aber: Die Befürworter gehen hier nur von der kürzesten Strecke aus, ungeachtet dessen, dass Outletbesucher bereits mehrere tausend Meter während ihres Einkaufsbummels hinter sich haben, dort ihr Auto parken und den Weg auch anschließend wieder zurückgehen müssten. Dipl.-Ing. Rolf Junker, der beruflich solche Handelsprojekte analysiert, sagt, dass Besucher in der Regel bereits nach 1.200 m distanzempfindlich sind. Da die Besucher im besten Fall nicht nur die Bäckerei an der Ecke Königstraße/Mercatorstraße besuchen sollen, ist diese Behauptung Augenwischerei und realitätsfremd.

 

„Entstehen nicht nur Arbeitsplätze für niedrig qualifizierte Arbeitnehmer?

Nein! Hochwertige Marken bieten unterschiedliche Arbeitsplätze. Im DOC werden nach Fertigstellung des Centers über 1.500 neue Arbeitsplätze entstehen. Bei den neuen Jobs ist alles dabei, was der Einzelhandel braucht: von Lagerarbeitern über Fachverkäufer bis zu Managern sowie viele neue Ausbildungsplätze. Es werden also Arbeitnehmer mit unterschiedlichsten Qualifikationen gesucht und vor allem viele Arbeitsplätze geschaffen.“

 

Wir sagen: Bei der Zahl der 1.500 Arbeitsplätze handelt es sich um eine aus der Luft gegriffene, fiktive Zahl. Um die Waren so billig anbieten zu können, wird hauptsächlich auch beim Personal gespart. Dementsprechend werden das bis zu 80% nur Minijobber sein, siehe Jobangebote Factory Style Outlet Halle Leipzig, ebenfalls von Neinver betrieben. Mit Lagerarbeitern kann nur der Paketbote gemeint sein, in Outlets im Villagestil sind meist keine großen Lagermöglichkeiten. Ein Center kann meist von nur wenigen Personen zentral organisiert werden.

 

„Gibt es in diesen Outlets nicht nur minderwertige Waren?
Nein!
Die Qualität der Ware wird in den Outlet-Centern regelmäßig von unabhängigen Gutachtern untersucht und überprüft. Neinver ist sehr an dem guten Ruf seiner „The Style Outlets“ interessiert.“ In den Outlet-Centern von Neinver sind international bekannte Marken aus dem mittleren und oberen Preissegment mit Boutiquen vertreten. Die Marken bieten Produkte aus der Vorsaison an, insbesondere aus den Bereichen Mode, Sport und Accessoires.“

 

Wir sagen: Es werden zwar nicht nur minderwertige Waren angeboten, doch ist es dank Medienrecherchen („Die Outletlüge“/WDR) hinlänglich bekannt, dass ein Großteil der Waren extra für den Outletverkauf produziert werden. Diese Waren sind qualitativ minderwertig und werden zu überhöhten Preisen angeboten. Zudem wird vorgegaukelt, dass es sich um ein Schnäppchen handelt, da der reguläre Preis um einiges höher war. Dadurch, dass diese Waren nie im regulären Handel verkauft wurden, findet eine bewusste Verbrauchertäuschung statt. Outlets werben außerdem mit dem Verkauf von B-Waren, die bekanntermaßen Mängel und Fehler aufweisen, dementsprechend minderen Wertes sind.

 

„Gibt es nicht schlechte Erfahrungen mit anderen Outlets in Deutschland?

Nein! Outlets werden mit gesetzlichen Auflagen so reglementiert, dass die betreffenden Städte und sogar die umliegenden Gemeinden geschützt werden. Im Gegenteil, Studien und Aussagen von Einzelhändlern aus Regionen in denen Outlets bereits angesiedelt wurden, belegen, dass sich positive Effekte einstellen.“

 

Wir sagen: Die Stadt hat die Möglichkeit, durch gesetzliche Regelungen die Ansiedlung bestimmter Sortimente zu bestimmen. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Stadt eine solche Reglementierung nicht umsetzt. Denn eine Beschränkung des zentrenrelevanten Sortiments bei diesem Projekt ergibt keinen Sinn, da Outletcenter hauptsächlich von dem Verkauf dieses Sortiments profitieren. Die Vergleiche mit bereits bestehenden Outletcentern hinken massiv. Städte wie Neumünster (79.000 Einw.), Soltau (22.000 Einw.), Roppenheim (1000 Einw.) und Roermond (57.000 Einw.) sind zum einen wesentlich kleiner als Duisburg. Zudem sind hier Center in strukturschwachen Regionen entstanden, wo es zuvor kaum Angebote gab. Hier in Duisburg dagegen setzt man eine funktionierende Handelsstruktur aufs Spiel, indem man vor die Tore der Stadt ein geschlossenes Einkaufcenter setzt, mit Sortimenten, die es auch in der Innenstadt gibt. Das CentrO in Oberhausen zeigt, was passiert, wenn man ein großflächiges Bekleidungsangebot neben eine Innenstadt setzt.

 

„Kann man auf dem Gebiet keine Wohnungen bauen?

Leider NEIN! Die Lärmbelästigung durch Autobahn und Bahnstrecke macht sozialverträglichen Wohnungsbau dort unmöglich.“

 

Wir sagen: Diese Aussage trifft so nicht zu, denn durch intelligente Architektur lässt sich der Lärm von Autobahn und Bahn abfangen, so dass im Innenbereich des Gebiets eine echte Ruhezone entwickelt. In Düsseldorf-Derendorf sind auf diese Weise viele hochwertige Wohnungen entstanden unmittelbar an der meistbefahrenen Bahnlinie – das Wohnviertel „Le Quartier Central“.

 

 „Kann nicht der Plan von Sir Norman Foster für das Gebiet umgesetzt werden?

Leider NEIN! Für den Masterplan von Sir Norman Foster, der auch die erwähnten Wohnhäuser und Bürogebäude umfasst, fanden sich keine Investoren.“

 

Wir sagen: Richtig ist, dass dieser Plan nie weitergeführt und damit Investoren auch gar nicht gesucht bzw. angesprochen wurden.

 

Wenn auch Sie gegen den Bau eines Outletcenters auf der Fläche des Alten Güterbahnhofes sind, stimmen Sie am 24. September mit „JA“. Mit „JA“ stimmen Sie der Aufhebung des Ratsbeschlusses zur Realisierung des DOC zu.

4 Kommentare

  • Hart

    Hallo na Ihr Lieben wer finanziert denn bitte Eure Werbekampagne, wieviel Geld spendiert denn der Centermanagement Konzern Klepierre für diese Bürgerbewegung

  • Michael Schwarz

    Danke für die vielfältigen Informationen. Man sieht schon am Umfang, wie Ihr Euch mit den Fragestellungen auseinander gesetzt habt. Am witzigsten ist die Aussage der DOC-Planer “
    „Kann man auf dem Gebiet Wohnungen bauen?“

    Nein! Die Lärmbelästigung durch Autobahn und Bahnstrecke macht sozialverträglichen Wohnungsbau dort unmöglich.“
    wenn man wie ich jeden Tag nach Düsseldorf zur Arbeit fährt. Dort sind in wenigen Jahren riesige Flächen unmittelbar an den Gleisen mit hochwertiger und teurer Büro- /Wohnbebeauung zugebaut worden. Da ist jede Gewerbeeinheit und jede Wohnung schon verkauft. Alles ist begrünt, schallgeschützt und mit neuen Strassen versehen. Aber in DU soll das nicht möglich sein. Der Pott sagt dazu normalerweise „Ja nee, is klar.“ 😉
    Anders herum: Wenn man an der „Duisburger Freiheit“ hochwertige Büro- und Wohnbebauung ansiedeln würde (16 Minuten Fahrzeit nach DD, 8 Minuten zum Flughafen !) würde die City geschont, es würden Arbeitsplätze entstehen und es würden sich Menschen ansiedeln, die auch eine gewisse Kaufkraft haben und Steuern zahlen.
    Hat doch am Innenhafen auch geklappt. Und mit der Bau der Hotels und der Fachhochschule am Hbf zeigt doch, dass das Gelände dafür ideal ist.

    • Hallo Herr Schwarz,

      danke für Ihren Kommentar. Leider lassen sich viele von diesen Aussagen und einem Video blenden, das überhaupt gar keine konkreten Pläne sondern nur „Anmutungsbeispiele“ und „beispielhafte Lösungsansätze“ zeigt. Wir können nur hoffen, dass die DuisburgerInnen erkennen, dass hier bewusst Tatsachen verdreht werden, nur um das Grundstück so gewinnbringend wie möglich zu vermarkten.

  • Wie schon erwähnt an eine andere Nutzung (z.b.Kulturzentrum) wird nicht mal im Traum dran gedacht. Folglich ist Duisburg weiterhin nur Interessant für Halbtote oder Kapitalisten,Traurig aber nix neues.

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